20 Jahre !!!

20 Jahre !!!

Sonntag, 23. November 2014

Parallelwelt

Funktionsunterwäsche, Fleecepulli, den Rukkaanzug mit Winterfutter, Sturmhaube mit Halskrause, Integralhelm. Hermetisch brummten wir mit den Vanvans durch einen schmutzig-grauen Novembertag, der schon am Nachmittag in trüber Dämmerung versank. Es war die B75, wie tausendmal zuvor. Doch seit ich weiß, dass sie einst, zu anderen Zeiten, das offizielle Nordstück der B3 war, fahre ich auf Ihr mit neu entdeckter Erfurcht. Ab Reinfeld kämpften wir uns durch Wälder und über farblose Höhen im Regen. Es war gut, auf dem Anwesen in Strukdorf anzukommen. Dort gab es erstklassige Tapas, Rosado und unterhaltsame Agrarthemen am Kamin.
Am Sonntag glimmte im Süden die Sonne dünn und niedrig durch einen seltsamen gelben Schleier, der angeblich aus der Sahara nach Schleswig-Holstein kam. Mit den Vanvans fühlten wir uns auf den Wegen durch die Feldmark wohl, deshalb bogen wir ohne Karte, ohne Kompass immer dann in irgendeinem Dorf ab, wenn es halbwegs legal einigermaßen in unsere Richtung ging. Was wir sahen, war sensationell: Eine Parallelwelt, versteckt hinter den Abzweigen der üblichen Verbindungsstraßen. Plattenwege durch hohe Wälder im letzen Herbstlaub, das beeindruckende, wilde Tal der Trave, ein Kloster bei Nütschau, Dirtroads bei Tralau, vorbei an fluoreszierenden Feldern, über die im richtigen Moment tiefe Sonnenstrahlen schossen. Wir kamen bei Blumendorf auf die 75 und rauschten mit satten 80 Sachen nach Hause. Hamburg begann auf hässlichen, vierspurigen Einfallstraßen, auf denen wir in einem dichten Strom dummer Bürgerkäfige schwammen. Schließlich kamen wir in zivilisiertes Gebiet und holten das letzte Stück Marzipantorte der Stadt.


Samstag, 8. November 2014

Hektik

Im Saturn Markt war es laut und stickig, und als wir rauskamen, war da plötzlich ein prächtiger, milder Herbsttag. Panisch rasten wir mit der U2 nach Hause, zogen uns hektisch um und holten die Cruiser aus der Garage. Mitte November hat man keine großen Ansprüche mehr, so dass eine Fahrt durch den Hafen und zum Grünendeich ist ausreicht, dem Leben etwas Sinn zu geben. Nur noch eine Bude war übrig, auf dem Parkplatz standen vielleicht ein Dutzend Bikes in der Sonne, die schon am frühen Nachmittag beängstigend schräg steht. Auf dem Rückweg cruisten wir noch durch die Docks. Wo neulich noch rottige Lagerhäuser standen, ist alles abrasiert und ließ dem untergehenden Licht Raum,  alles für einen Moment in letztes, weiches Licht zu tauchten. Dann wurde es dunkel.

Sonntag, 2. November 2014

Genügsam, als ginge das immer so weiter.

Die Wärme vom Vortag war noch da, und wir hatten die Maschinen einfach im Hof stehen lassen. Wir sollten nach Norden fahren, sagte das Internet. Auf der B 4 war es erst trüb und zäh. erst links hinter Bad Brahmstedt leuchte es, und von Südwest schob der Wind den Himmel frei. Gleichmütig ritten wir die B 206 Richtung Segeberg ab, irrten durch die Innenstadt und fanden schließlich die Straße über Klein- und Groß Rönnau, Blunk, Stocksee wieder. Sie ist ein ein traumhafter Geheimtipp, liegt im Verborgenen und wir hatten sie das ganze Jahr über nicht auf dem Schirm. Mit 70 Sachen rollten wir verträumt einem Kombi hinterher, das störte kein Stück. In Plön gibt es diesen Bikerparkplatz. Er sah nie besonders einladend aus, aber wir bekamen einen Milchkaffee und verzogen uns in eine Ecke am See. Die Biker standen in schwarzem Goretex herum und starrten Bikes an. Wir waren heute so genügsam, dass wir einfach den selben Weg zurück fuhren. Ab Segeberg sogar auf der unsäglichen B 243, die gelassen im Gegenlicht vorbeizog, als ginge das immer so weiter. Am Nachmittag waren wir wieder in Hamburg. Die Sonne schien noch eine Weile, dann senkte sich eine lange Nacht über alles.

Samstag, 1. November 2014

Epic

Wir klickten ratlos auf der Wetterkarte herum, aber das war kein Bug, sondern tatsächlich der wärmste Novemberanfang der Erdgeschichte. Eine Stunde später rauschten wir die B3 entlang, nach Süden, der stechenden Sonne und irren 19 Grad entgegen. Irgendwo im Wald bogen wir rechts ab, dort waren Plattenwege, Maisstoppeln, leuchtendes Laub und einlullende Stille. In Schneverdingen fuhren wir beim Bike-Supermarkt vor, mit Kaffedurst. Aber einen Tisch hätte man wohl reservieren müssen. Also weiter bis Soltau, im Straßencafé sitzen und schwitzen. Die Strecke Richtung Ülzen war episch. Immer weiter gleiten, durch einen endlosen bunten Tunnel, dabei eine Menge Laub aufwirbelnd. Es gibt einen Abzweig nach Ebsdorf, die Straße führt durch Wald und Wiese hoch bis kurz vor Lüneburg. Die Sonne stand schräg und das Licht war wie gemacht für das Candy Orange der Vulcan. Als wir die ultimative Stelle zum Fotografieren gefunden hatten, schob sich ein Wolkenband dazwischen. Wir kamen an der Elbe raus, die funkelte im späten Gegenlicht. In der Dämmerung fuhren wir über die Köhlbrandbrücke, der Hafen glitzerte wie Weihnachen, dann das Schanzenviertel, voller Einkaufstaschen. Es war keine 19 Uhr, da saßen wir auf dem Balkon und bruten die besten Burger des Jahres.